Folge 23 – Dekolonialisierung im Yoga

Herzlich willkommen zu Folge 23 von inklusiver Achtsamkeit der Podcast. Ich freue mich total, dass du wieder da bist. Diesmal geht es um die Dekolonialisierung im Yoga. Höre hier direkt in die neue Folge rein.

Bunte Kachel mit dem Text inklusive Achtsamkeit Der Podcast für Achtsamkeit und Inklusion. Darunter steht Folge 23 - Dekolonialisierung im Yoga - Interview mit Sangeeta Lerner Daneben am rechten Seite ein Foto von Sangeeta, Daneben steht inklusiveAchtsamkeit.de/folge-23

Ich habe mich total gefreut, dass ich mit Sangeeta in diesem Podcast sprechen kann. Da ich die Themen rund um die Dekolonialisierung im Yoga so interessant finde und die Arbeit, die sie dazu macht, so wichtig finde und ich es immer wichtig finde, auch verschiedene Perspektiven in diesem Podcast zu teilen und auch ihre Arbeit für mehr Menschen sichtbar zu machen. 

Sie macht immer wieder darauf aufmerksam macht, woher Yoga kommt, was Yoga auch anderes sein kann als das, was wir auf Instagram sehen, in den Bildern oder auch in Yoga-Studios hier in Deutschland. Darüber reden wir auch in der Folge. Ich teile zum Beispiel auch, warum ich mich auch nie wohlgefühlt habe, in einem Yogastudio hier zu gehen.

Noch mal vielen Dank, liebe Sangeeta, dass du dir die Zeit genommen hast, im Interview zu Gast zu sein. 

Englische Begriffe und weitere Ressourcen

Wir benutzen einige englische Begriffe in diesem Interview und ich habe versucht, in dem Blogpost noch mal alles zu übersetzen. Also schau gerne auch dahin, wenn du magst, dass du dir noch mal nach den Begriffen gucken möchtest. Und auch die ganzen Buchtipps und Links, die wir in dieser Folge teilen, habe ich dann noch mal im Blogpost verlinkt. Also klick gerne in den Shownotes auf den Blogpost und da findest du dann alle weiteren Informationen und auch alles über Sangeeta und ihre Arbeit.

CN: Rassismus, Trauma, Unfall, Sexualität

Noch eine Sache ist, dass wir natürlich auch in dieser Folge, da es um die Dekolonialisierung im Yoga geht, auch über Rassismus sprechen und auch gegen Ende noch über einen Unfall, den Sangeeta hatte. Also falls du gerade merkst, dass diese Themen etwas sind, womit du gerade persönlich Schwierigkeiten hast, dich zu beschäftigen, dann guck gerne, dass du vielleicht heute eine andere Folge hörst. 

Aber sonst würde ich mich natürlich sehr freuen, wenn du dir diese Folge anhörst und dich damit den Themen auch beschäftigst und guckst, wie durch deine eigene Yogapraxis vielleicht so gestalten, dass du die kulturellen Wurzeln (Roots) achten kannst und was du für dich mitnehmen kannst 

Ich freue mich natürlich immer von euch zu hören, wie dir die Folge gefallen hat. Und jetzt viel Spaß beim Hören oder Lesen dieses Interviews. 

Hier kannst du das Interview direkt anhören: 

Oder schau in deiner Lieblings-Podcast-App nach inklusive Achtsamkeit – der Podcast und höre dir dort Folge 23 an. 

Bitte beachte, dass ich diesen Blogpost mit einem automatisch generierten Transkript erstellt habe und danach noch einmal durch alles durchgegangen bin, um es leserlicher zu machen. Jedoch kann es immer noch vorkommen, dass ich Stellen nicht so gut angepasst habe, wie es vielleicht in der Podcast-Folge war. Dies kommt einfach durch den enormen Aufwand, den das Erstellen dieses Artikels in Anspruch nimmt. 

Darüber sprechen wir in der Folge: 

  • Sangeeta stellt sich vor
  • Wie sie zu dem gekommen ist, was jetzt macht
  • Mit ihren Themen sichtbarer werden 
  • Dekolonialisierung im Yoga 
  • Community 
  • Yoga praktizieren und Aktivismus 
  • Social Justice Warrior 
  • Yoga und die Wellness-Industrie
  • Für wen ist Yoga? 
  • Yogalehrerinnen in Indien und im Westen
  • Aus der eigenen Komfortzone kommen 
  • Macht und Privilegien 
  • Safe Space vs. Brave Space 
  • Veränderung und Yoga
  • Sangeetas Selbstfürsorge Praxis 
  • Andere interessante Ressourcen 

Sangeeta stellt sich vor

Sangeeta Lerner ist Yogalehrerin und Mutter und Perfomerin. Sie studiert, praktiziere und unterrichte Yoga von den Traditionen von Sri Krishnamacharya und Sri Desikachar und auch ihrem Lehrer.

Sie hat lange nicht in Studios gearbeitet, sondern nur in einem kleinen Raum, dort wo sie wohnt und auch im Familienzentrum. Dies war von Anfang an war der Weg, wie sie Yoga weitergeben wollte und wie sie Yoga kennt. Es ist eine ganze Community und auch zugänglich für jede*n ist (Accessibility).

Wie sie zu dem gekommen ist, was jetzt macht

Dadurch, dass sie es vor allem in Berlin macht, kannten sie nur wenige Menschen. Die Erfahrungen, die sie in den letzten Jahren gemacht haben, auch viele unangenehme Erfahrungen, haben sie dazu bewegt mehr darüber zu teilen und etwas dazu zu sagen. Darum hat sie mit ihrem Workshop für die Dekolonialisierung von Yoga angefangen. Und andere Trainings zu dem Thema gefolgt. Es war eine wirklich schöne Erfahrung, wo ihr klar wurde, dass dies bis jetzt gefehlt hatte. Sie hatte oft das Gefühl, dass sie alleine ist, mit dem, was sie tut oder sagt. In viele Räume ist sie die Einzige, die so aussieht, wie sie aussieht. Auch ist ihr das Bewusstsein darüber wichtig. Es war nicht überall selbstverständlich. Im Training mit Michelle Cassandra Johnson (https://www.michellecjohnson.com/) hat sie mehr andere Menschen getroffen, die auch genau so denken wie sie. Da hat sie gemerkt, dass ihr Gefühl nicht nur vorgestellt war. 

Mit ihren Themen sichtbarer werden 

Sie hat gemerkt, dass dieses Problem existiert und es war für sie ein Prozess, um dahin zu kommen. Es brauchte für sie diesen Austausch in der Gemeinschaft, um dies für sich selbst festzustellen. Und darum teilt sie auch viel auf Instagram, um andere Menschen darüber aufzuklären. Sie wurde für eine Podcast-Folge für den Podcast Curry On interviewt. Dadurch haben sie wieder neue Menschen gefunden.

Die Menschen, die ihre Arbeit verbreiten, sind oft auch Menschen, die nicht von den Macht-Privilegien genießen. Sie findet es auch kein Zufall, dass Michelle Cassandra Johnson und die Community dort, sie so gut empfangen haben. Diese Personen haben gesehen, was Sangeeta sagt und meint.  Sie ist sich dadurch bewusster geworden, was ihre Fähigkeiten sind und wie sie diese teilen kann. Und auch in dem Interview mit Maya und Sarah für den Curry On Podcast hat sie sich sehr gut gefühlt und dass sie dort Raum bekommen hat. In Deutschland hat sie sonst oft das Gefühl, dass es anderen Yogalehrer*innen schwerfällt, ihr Raum zu geben. 

Dekolonialisierung im Yoga 

Gerade in den letzten Jahren ist das Thema immer wichtiger geworden. Erst vor allem in der USA, aber mittlerweile kommt es auch mehr in Deutschland an. Es gibt mehr Personen, die diese Arbeit machen, neben Sangeeta. Darüber freut sie sich sehr. Gemeinsam machen sie Aufklärungsarbeit und öffnen Räume. 

Auch die weitere Podcast-Folge im Deutschlandfunk – Schluss mit Namasté  hat dazu beigetragen, dass mehr Menschen mittlerweile die Arbeit von Sangeeta kennen und auch ihre Veranstaltungen besuchen. 

Community 

Sangeeta ist davon überzeugt, dass die Kraft des Kollektivs riesig ist, z.B. in der Klima-Bewegung und in Berlin zum Beispiel der Volksentscheid.

Wir sind alle miteinander verbunden. Keine Person ist frei so lange wir immer noch über diesen Alltagsrassismus oder das, was als Alltagsrassismus genannt wird, aber eigentlich Rassismus ist. Also keiner ist frei, wenn wir immer noch in der Welt über Sachen sprechen, wo man denkt, dass es schon vor 30 Jahren so war und nicht jetzt. Aber es ist immer noch so, manche Dinge haben sich nicht so großartig geändert. Das Persönliche ist politisch, ist für sie ein wichtiger Satz. Was sie betrifft, gibt ihr auch wieder Kraft, um große Veränderungen zu schaffen und auch Räume dafür zu schaffen. 

Vom Kehlkopf runter wahrnehmen

Mit ihren Workshops schafft sie die Räume für diese unangenehmen Diskussionen. Damit Menschen auch emotional verstehen, worum es geht. “Es geht nicht um das Verstehen auf dem Verstand-Level. Diese Arbeit ist nicht vom Kehlkopf oben. Das ist ein ganz westlicher Weg für die Problemlösung. Aber es geht nicht um Lösung. Erst mal, es geht erst mal, um vom Kehlkopf nach unten zu gucken. Zuhören, verstehen, vom Herzen verstehen. Sonst gehen wir immer in diese Diskussionen.

Wenn man sieht, wie Menschen reagieren, wenn sie etwas über die Kolonisierung hören, merkt mensch, dass wieder Argumente gesucht werden, um sich rechtfertigen. Es ist aber eine komplett andere Ebene, wo wir ansetzen sollten. Es geht es um menschliche Trauma, was eigentlich nicht nur im Black Brown Bodies ist, sondern auch in weißen Körper existiert. Und es geht nicht, wenn wir nur in Museen und großen Strukturen dies haben, um uns zu erinnern. Es ist auch wichtig, in unseren Körpern zu spüren, dass es immer noch da ist.”

Es geht nicht darum, etwas wegzunehmen 

Und es zeigt sich, wie Menschen so sofort reagieren. Wie man das auf dem DLF Kultur Instagram-Kanal gesehen hat. Da gab es eine Instagram Post und wie Menschen da reagiert haben, dass sie direkt in diesen Angegriffen-Fühlen-Modus gegangen sind. 

Es geht nicht darum, jemanden etwas wegzunehmen und die Yoga-Praxis wegzunehmen. Wir brauchen einander sogar. Wir brauchen Yoga, weil es so viel Weisheit hat. Es braucht nichts anderes von außen an dieser Weisheit. Wir können damit so arbeiten und verstehen und auch spüren, dass wir dadurch auch eine innere Freiheit (Freedom) schaffen oder Befreiung (Liberation) kommen.

Praktizieren ist wichtig für Aktivismus 

Ohne diese Arbeit und ohne diesen Schutzraum und diese Tools selbst zu praktizieren, kann sie nicht dahingehen. Und deswegen denkt Sangeeta auch, dass besonders Aktivist*innen und alle Menschen, die etwas machen, um die Welt zu verändern und auch für Freiheit oder für Gerechtigkeit (for Justice) kämpfen, die müssen das auch verstehen, man wird sonst kaputtgehen oder einen Burn-Out / Erschöpfung haben. Mensch braucht erst mal auch jemand Praxis oder Rituale, mit denen mensch sich da gut schützen können und gleichzeitig auch eine Gemeinschaft (Community) oder eine Gesellschaft (Society). Was unterstützt so was genau? 

Wir sprechen dann darüber, dass Sangeetas Arbeit auf Instagram bereits von Resmaa Menakem geteilt wurde. Er hat einen New York Times Besteller geschrieben – Grandmothers Hand, in dem es auch um vererbte Traumata geht. 

„Und ich finde es großartig, weil es mich auch ganz schön beruhigt oder auch bewegt. Diese Menschen, die sind alle New York Bestsellers. Und die haben eigentlich auch irgendwann meine Arbeit geteilt. Und es ist so krass, das ist hier so schwierig. In Deutschland habe ich das nicht gekriegt. So lange weißt du. Also, hier ist ein New York Bestseller, der meine Arbeit teilt und auch Michelle Cassandra Johnson, die kommentiert meine Beiträge und teilt meine Arbeit.“

Social Justice Warrior 

„Und das ist wichtig für alle, die Aktivismus machen. Das ist nicht ein Kampf. Ich habe dieses Problem mit Kampf, wo auch immer.“

Auch wenn sie sich auf ihrem Instagram Profil als Social Justice Warrior (Kämpferin für soziale Gerechtigkeit) bezeichnet. 

Ihre Rolle im Yoga ist nicht Liebe und Friede, sich hinzusetzen und dann ist alles schön. Ihre Rolle, ihre Aufgabe, ihr Dharma ist, dagegen zu stehen, wenn etwas falsch ist. Dazu hat sie auch die Tools und hat sie auch Power (Macht) und ist privilegiert. Sie kommt aus der Kultur und hat schon viel studiert und dazu gelesen und damit gearbeitet. Gerade weil sie dieses Skript so tief studiere und gerade mit Begleitung ihrer Lehrer studiert, hat sie auch die Tools und die Weisheit und hat dann die Möglichkeit, dies weiterzugeben.

Yoga und die Wellness-Industrie

Brauchen wir wirklich noch mehr positive Vibes und mehr flexible Körper durch Yoga, in einer Welt mit Krieg und einer Pandamie. Die Menschen brauchen mentale Gesundheit und Wellness. Aber nicht eine privilegierte Wellness, wo du irgendwo hingehst und Urlaub machst. 

Buchtipp: Who is wellness for? – Fariha Roisin

Wellness ist tatsächlich eine Wellness-Industrie geworden. Es ist eine Industrie tatsächlich, und so ist Yoga auch eine. Es ist eine ein systematisches Problem. Dahinter stehen viele kapitalistische Studios, die dann noch Angst haben, weil die Profite werden anders aussehen.

Für wen ist Yoga? 

Mechthild ergänzt: “Die Frage ist auch wer in diesen Studios reinkommt oder mitmachen kann, das kann ich von mir selber als behinderte Person, dass ich auch nie im Studio war, weil ich einfach nicht mich da gesehen habe und repräsentiert gefühlt habe und dann meinen eigenen Weg gefunden habe und auch lange nicht gedacht habe, dass ich selber über Yoga unterrichten kann. Ich dachte, ich kann ja nicht alle Asanas selber machen. Aber das muss man auch nicht, um Yoga zu machen und zu unterrichten.”

Sangeeta war auch genauso geschockt, sie ihre erste Ausbildung in Indien gemacht hatte. Und damals wusste sie auch nicht, dass es so viele unterschiedliche Stile gibt, obwohl sie Yoga schon sehr lange in ihrem Leben hatte. In der Schule, wo sie studiert hat, in Mumbai Institute of Yoga, da ging es nicht so sehr um den Stil. Da war ganz klar die Philosophie sehr wichtig. Sie ist immer zum Yoga gegangen, wenn sie Krisen im Leben hatte. Sie hatte eine Lebens-Krise und hat sich dann dazu entschlossen, ihre Ausbildung zu machen.

Es gab viele Dinge in der Ausbildung, die sie schön fand, aber gleichzeitig war sie auch nur eine von 3 Inder*innen, die die Ausbildung an ihrer Schule gemacht haben und alle anderen Teilnehmenden waren aus unterschiedlichen Ländern. Auch einige Übungen hatte sie vorher noch nie gemacht hatte und diese konnte sie auch nicht gut. Damals hat sie gedacht, dass sie keine gute Yogalehrerin wäre, weil sie diese Übungen nicht machen kann. 

Yogalehrerinnen in Indien und im Westen

Im nächsten Teil des Gesprächs sprechen wir darüber, dass es auch im Westen Yogalehrende gibt, die die Wurzeln von Yoga nicht verlieren und keine krassen Übungen auf Instagram teilen. Aber es stimmt auch nicht für Sangeeta, wenn gesagt wird, dass ja jetzt auch gezeigt wird, dass auch Frauen Yoga üben können. Den auch in Indien üben viele Frauen Yoga, auch wenn viele der bekannten Yoga-Gurus Männer sind. 

Wir müssen immer wieder kritisch sein und Dinge hinterfragen und auch wahrnehmen, warum wir uns mit manchen Dingen unwohl fühlen. 

Es gibt viele tolle weibliche indische oder Black Brown Teacher und dies auch sichtbar zu machen, ist für Sangeeta wichtig. 

Sangeetas Arbeit als Perfomerin

„Also ich habe jetzt angefangen auch dieses Label für mich zu nutzen. Zu sagen, dass ich Performerin bin. Also Kreativität war immer wichtig für mich. In Indien auch, aber damals hatte ich auch ein Problem. Als Mädchen mit dunkler Haut hatte ich nicht so viele Räume für mich. Das ist ein Kindheits-Trauma würde ich sagen. Daran habe ich auch gearbeitet oder arbeite dran.“

Fragen, die sie sich dazu stellt:

  • Wer darf Platz nehmen?
  • Welche Personen dürfen gesehen werden?
  • Wer darf wo sein?
  • Und wer darf zelebriert werden?

“Diese Fragen haben mich auch ganz viel beschäftigt und dadurch bin ich auch zu der Performance gekommen. Also ich war in einem Community Space in Berlin und das war so der erste Ort, wo ich mich hier zu Hause gefühlt habe. Nach fünf Jahren Deutschland habe ich immer dieses Gefühl gehabt: Ich verstehe das nicht so. Irgendwie passe ich nicht so rein. In diese Räume konnte ich einfach ich selbst sein, ohne irgendwelche Schubladen: indische Mutter, Yogalehrerin. Alle diese Boxen sind nicht die einzigen, was ich bin. Auch diese improvisierte Performances zu machen und im Chor zu singen sind Teile von mir. Und dadurch habe ich auch erlaubt, mich endlich zu zeigen. “

Aus der eigenen Komfortzone kommen 

“Und dann letztes Jahr hatte ich auch eine Performance Projekt über Sexualität oder auch Intimität (Intimacy). E war ein sehr großartiger Prozess für mich, erst mal auch gewählt zu werden. Es gab ein Casting, an dem 80 Personen teilgenommen haben und daraus wurde ich ausgewählt.”

Für Sangeeta war es ein besonderes Gefühl, diese Chance zu bekommen und ihr Gedanke war dann auch, jetzt musst du es auch machen, wo du ausgewählt wurden. Es war schön, dass sie die Möglichkeit hatte, aus ihrer Komfortzone zu kommen. Durch diesen Raum, in dem sie so sein konnte, wie sie ist, konnte auch ihr Inneres sichtbarer werden. Es kamen auch negative Sätze hoch, wie dass sie dies nicht studiert hat und keine Performerin ist. Diese limitierenden Sätze kannte Sangeeta bereits lange. Auch wenn sie dann in dem Moment Künstlerin war und auch für ihre künstlerische Arbeit bezahlt wurde.  Sie mag es gerne zu singen, in Bewegung sein, tanzen und auch gesprochene Performance. Dies war auf jeden Fall eine große, schöne und auch motivierende Erfahrung. 

Alter und sich zeigen

Sie wird bald 44 Jahre und findet es auch wichtig für ihre Kinder, dass sie sich als Mutter Raum nimmt, für ihre eigenen Projekte. Es war für Sangeeta ein sehr heilsamer Prozess, sich Zeit für sich selbst nehmen zu können und ihre kreativen Projekte machen zu können. 

Auch singt sie in einem Chor, mit dem sie auf der Volksbühne in Berlin singen durfte. Sie findet es wichtig, dass auch mehr marginalisierte Menschen diese Möglichkeiten haben, da sie oft keinen Zugang dazu haben, weil sie das System nicht so kennen. 

Macht und Privilegien 

Wenn sie nicht die Einladung von einer Freundin geschickt bekommen hätte, wäre sie nie zu dem Chor gekommen. Dies ist für sie auch ein Thema rund um Macht und Privilegien. Manche Menschen brauchen eine Extra-Einladung, weil sie sich unsicher fühlen, ob Räume für sie sind. Dann kann man als Veranstalter nicht einfach sagen, wir sind für alle da. Manche Menschen brauchen einfach eine persönliche Einladung oder eine Hand, damit sie sich sicher und aufgenommen fühlen. 

Nur zu sagen, man darf, ist nicht genug. Man muss auch sehen, dass es wirklich auch gelebt wird.

Spotlight abgeben 

Dazu braucht es auch Fähigkeiten, die man in Trainings lernen kann und durch den Kontakt mit den Personen, die diese Lebens-Erfahrung haben. Natürlich kann man es studieren, aber wenn man es an andere weitergeben möchte, sollte man neben dem Studium auch die Lebens-Erfahrung haben.

Sangeeta hofft, dass bald mehr weiße Yoga-Lehrer*innen den Raum schaffen, dass auch diese Dekolonialisierungs-Arbeit von Lehrenden wie Sangeeta dort durchgeführt werden kann. Die das eigene Spotlight abgeben und anderen Personen den Raum geben. 

Dekolonialiserung im Yoga – was hat sich bereits getan. 

Es gibt jetzt schon mehr Menschen, die sich für den Dekolonialisierungs-Workshop anmelden, seitdem im DLF darüber berichtet wurde. Aber zum Beispiel in Studios, in denen Ausbildungen angeboten werden, ist es oft noch kein Modul. Es sollte ein Teil der Ausbildung sein. Sangeeta hat bereits in einer Ausbildung drei Stunden ihren Workshop gegeben, aber sie möchte dies gerne noch weiter ausbauen. Es ist auf jeden Fall ein Start, aber es sollte mehr über Philosophie geben, wie man Diversität schafft oder mit Respekt praktiziert. 

Repräsentation ist wichtig 

Mechthild sagt, dass dies ein Grund war, warum sie ihre Ausbildung online in der USA gemacht hat, da dies dort alles bereits in ihrer Ausbildung war. 

Sangeeta sagt, dass Repräsentation sehr wichtig ist. Im Yoga gibt es oft einen Körper-Typ, der sichtbar ist. Immer noch. Wenn erfahrene Yoga-Lehrende jetzt einen Widerstand spüren, sollten sie dies einfach wahrnehmen.  „Ich nehm dir nicht was weg. Ich sage nicht, dass ich es besser weiß oder du weniger weißt. Es geht nicht darum. Es geht tatsächlich um den Inhalt. Und diese kommt von einer anderen Kultur. Man profitiert davon. Wohin geht der Profit? Ist es so schwer, Raum zu schaffen für andere Menschen in Ausbildungen oder wer im Studio unterrichtet? Und wenn du tatsächlich Raum schaffen willst für Inklusivität, dann muss man das lernen. Erst mal selbst. Ich habe einen Wunsch, tatsächlich irgendwann im Leben einmal einen Raum dafür zu haben für marginalisierte Gruppe.“ 

Verantwortung bei Lehrer*innen und Schüler*innen 

Es ist wichtig auch Fehler machen zu dürfen, nachzufragen und zu lernen. Sich bewusst zu sein, über das, was man tut. 

Die Verantwortung liegt sowohl bei den Lehrenden, als auch bei den Schüler*innen. Lehrer*in sein kommt mit viel Verantwortung, du bist dann auch ein Vorbild für die Schüler*innen. 

Auch als Lehrer*in sich erlauben, Fehler machen zu dürfen und nicht denken, dass man immer alles können muss und das vielleicht auch so zu kommunizieren, mit den Schülern und Schülerinnen und Schülern. Und damit gibt man ja auch wieder Selbstverantwortung an die Schüler*innen, damit diese auch selbst entscheiden können, was für sie gut ist und was nicht. Selbstwirksamkeit zu lernen.

Über die Macht-Position bewusst sein

Als Lehrer*in bin ich in einer Macht-Position und ich muss das erkennen und damit verantwortungsvoll umgehen.  

Auch das Yoga, dass du unterrichtest, ist nicht das Yoga, was dir guttut, sondern der Person guttut, die vor dir steht.  Und das ist die Rolle von Yogalehrer*in oder Lehrerin. Nicht einfach sagen:  ‘Oh ja, ich habe das so gelernt und es wird jetzt so gehen.’ Nein, überhaupt nicht. Yoga ist eine ganz individuelle Praxis, auch wenn wir in Gruppen unterrichten. Und das, dass wir doch gar nicht wissen können, wer in der Stunde ist. 

Safe Space vs. Brave Space 

Deswegen findet Sangeeta das Konzept vom Safe Space oder Brave Space so wichtig. Nicht denken, dass etwas ein sicherer Raum für alle ist. Dies ist sehr egoistisch, weil man nicht selbst wissen kann, was für andere Personen ein sicherer Ort ist. 

Sangeeta sehr dankbar für den Raum, in dem sie dies gelernt hat, bei Michelle Cassandra Johnson. Das waren tolle Tools, die sie dort kennenlernen durfte. Die waren nicht dogmatisch, sondern man praktiziert Yoga, wie es für deinen Körper wirklich gut ist. Es muss keine bestimmte Form haben, aber es muss für deinen Körper gut sein. Das ist die Rolle vom Lehrer nicht Adjustments (Anpassungen) zu geben, sondern Agency (Selbstwirksamkeit, Selbstbestimmtheit), damit sie wissen, was ihnen guttut.

Es ist wichtig, offenzubleiben. Immer wieder zu lernen. Demütig zu sein, dies sieht Sangeeta mehr bei ihren Lehrer*innen in Indien

Ein Service für Menschen 

“Es ist ein Service, was wir machen für Menschen und mit Menschen. Und habe ich das Gefühl, manchmal nur, weil man irgendwie Experte ist, sich selbst als Expertin sieht, durch dieses ganzes System, was unter Qualitätskontrolle ist, aber man hat ein Zertifikat so 200 oder 10.000 Stunden, aber der Lernprozess endet eigentlich nie.” 

Veränderung und Yoga

Es gibt immer Veränderungen. Yoga bedeutet Änderung und dadurch denke ich, ist es auch wichtig, dies nicht zu vergessen. Es hat einen starken Einfluss auf uns, welche Worte wir zum Beispiel in der Yoga-Ausbildung nutzen und wie wir den Raum in unseren Stunden halten können.

Dies sollte auch in Yoga-Ausbildungen mehr unterrichtet werden. Darum möchte Sangeeta gerne ihr Training für Dekolonialisierung im Yoga halten. Denn wenn wir Dinge sagen, dass nur die volle Pose, die volle Wirkung des Asanas bekommt und eine Person, die nicht so flexible ist, dann denkt, dass sie es nicht so gut macht, ist dies sehr schmerzhaft und verletzend. Dies schreckt sehr viele Leute davon ab, Yoga überhaupt einmal auszuprobieren. Wenn du dies nicht machst, ist es eine sehr privilegierte Praxis, die Yoga eigentlich gar nicht ist. 

Sangeetas Selbstfürsorge Praxis 

Ihre Praxis ist sehr wichtig in den Linien, in denen sie unterrichtet.  Es ist ihr sehr wichtig, dass sie weiterhin ihre eigene Yoga-Praxis hat. Und Pranayama und Atemübungen, also die Pranayama Praxis. 

“Und ich hatte auch einen Unfall und habe auch gemerkt, wenn ich dann Pausen genommen habe, war es so wichtig. Also ich finde, Pausen sind sehr unterschätzt und diese Kombination ist sehr wichtig und ich merke, jetzt habe ich ganz viel, ich mache nicht alles wie vorher, weil als Mutter, Freiberuflerin, Performer und alles habe ich so viele Hände und so viele Dinge immer am Laufen. Und jetzt ist alles ein bisschen weniger. Habe ich auch durch meinen Unfall und durch die Gehirnoperation jetzt ganz klar das Okay, dass darf man auch. Also ich kann auch nicht wie vorher. Meine Fähigkeiten oder Belastungskapazitäten sind anders und das ist irgendwie ein Segen (Blessing) und es ist in Ordnung. Dadurch habe ich selbst gelernt, wie wichtig es ist, glücklich zu sein. Also voll Freude (Joyful) zu leben. Ohne diesen Druck und Schuld.”

„Und da hilft mir meine Yogapraxis, meine Pranayama Praxis und auch dem Studium, also für mich, die Schriften zu studieren, die Bhagavad Gita. Das ist gerade ganz, ganz heilend für mich und hilfreich, immer wieder zurück dahinzugehen. Und Pausen zu nehmen und das zu machen, was mir Freude macht.” 

Grenzen setzen

“Ich habe jetzt tatsächlich ganz klare Grenzen. Im Räume, wo ich nicht wohlfühle, gehe ich nicht mehr hin, mit Menschen, die mir Energie rauben. Das lasse ich mich nicht mehr drauf ein. Und das war. Das klingt radikal. Ich habe am Anfang meinen Arzt gesagt: Ich habe das Gefühl, ich bin sehr intolerant geworden. Aber eigentlich ist es sehr, sehr viel Selbstfürsorge (selfcare). Ich glaube meinem Bauchgefühl, was mir sehr hilft. Also vor zehn Jahren hatte ich das nicht immer. Aber jetzt kann ich sagen, nee.” 

Vorher habe ich das irgendwie doch weggepackt aus Angst du bist die einzige, die so denkt. Und da habe ich immer gedacht, das ist dann so wie Gaslighting (hier findest du eine Definition), sich selbst nicht zu glauben. Aber jetzt mache ich das nicht mehr. Ich bin ganz klar, wo ich stehe, was mag ich und was tut mir gut und was ich mache und was bringt mir auch Freude und versuche ich der Balance zu haben. Ohne sonst das Gefühl zu haben: Sonst verliere ich etwas oder verpasse ich was Wichtiges?  Ich verpasse nicht alles. Also diese Pause hat mir auch gezeigt, wie Sachen zu mir kommen, wenn ich den Raum schaffe. Und die Energie schaffe. Das ist für mich ein sehr wertvoller Lernprozess geworden.”

Mehr zu Sangeeta und ihrer Arbeit

Mehr findet auf ihrer Webseite yayogaberlin

Trainings für Präsenz und kollektive Heilung, nicht nur in der Yogawelt

Yoga und kulturelle Aneignung für Yogalehrende und Yogapraktizierende und das ist mehr als nur nicht mehr Namasté sagen. Es geht hier um koloniale Trauma und Rassimus. 

Auch unterrichtet sie Yoga für jeden Körper. Online oder in Präsenz in Berlin in ihrer Praxis.

Früher hat sie auch Yoga für queere und trans Menschen angeboten, aber dies musste sie aufgeben, weil der Raum nicht mehr zur Verfügung stand. Unterrichte auch oder gib auch im Yoga vor.

Postnatale und Prenateles Yoga. Das macht sie, weil es ihre Lebens-Erfahrung ist und sie dies gelernt hat.

Bald möchte sie auch gerne Heil-Kreise (Healing Circles) anbieten, für marginalisierte Gruppen und mindestens einmal im Monat Raum schaffen für diese Pause. So wie The Nap Ministry dies macht. Sie hat auch ein Buch dazu geschrieben, Rest is Resistance.

Andere interessante Ressourcen 

Es gibt auch eine andere Organisation Rest for Resistance, die ich empfehlen kann, da ich mit der Person, die dies gegründet hat, meine Yogalehrer*innen Ausbildung gemacht habe. 

Wir reden dann noch etwas über meine Ausbildung, die ich bei Return Yoga gemacht habe. Und wo Michelle Cassandra Johnson auch als Gästin dabei war und Tejal und Jesal vom Yoga is Dead Podcast. Das Anti-200 Hour Yoga Teacher Training gibt es jetzt nicht mehr, aber jetzt gibt es zum Beispiel eine 200 Stunden Ausbildung von der Accessible Yoga School.

Zum Abschluss sagt Sangeeta noch, dass es ihr wichtig ist auch in Deutschland mehr Räume zu haben, in denen wir uns gegenseitig unterstützen können und teilen können. 

Abonniere auch meinen Achtsamkeitsbrief, um mehr über die Arbeit von inklusive Achtsamkeit zu erfahren.  

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