In dieser Folge geht es um Selbstliebe und Achtsamkeit, aber auch noch so viel mehr. Höre hier direkt in die neue Folge rein.
Wieder eine neue Folge von inklusiver Achtsamkeit – der Podcast! In Folge 20 spreche ich mit Sabrina Lorenz von @fragments_of_living über Selbstliebe und Achtsamkeit und mehr. Vielleicht kennst du Sabrina schon von Instagram. Oder wenn nicht, dann schau gerne mal auf ihrem Kanal vorbei. Den Link findest du auch noch weiter unten in den Shownotes.
Wir sprechen über die Themen Selbstliebe und Achtsamkeit, aber auch um Community und Grenzen setzten und vieles weiteres.
Mehr Gespräch als Interview
Ich habe mich total gefreut, dass Sabrina heute als Gäste in meinem Podcast ist und dass wir so ein schönes Gespräch geführt haben. Es ist wirklich am Ende auch eher ein Gespräch als ein Interview geworden. Und deswegen ist es auch ein bisschen länger, als bis jetzt die anderen Folgen in diesem Podcast. Es war ein schönes Gespräch, war so angenehm mich mit Sabrina auszutauschen.
Ich hoffe, es gefällt dir genauso beim Hören, wie es mir beim Aufnehmen gefallen hat. Und natürlich wieder die Einladung an dich Selbstfürsorge zu betreiben, da wir auch über ernsthafte Themen sprechen wie Ableismus und Leben mit einer chronischen Erkrankung. Und wenn du gerade merkst, dass das für dich Themen sind, die dich selber beschäftigen und wo du vielleicht gerade nicht so die Kapazität hast, dir das anzuhören, dann auch mit deiner eigenen Selbstfürsorge zu schauen, dass das vielleicht jetzt gerade nicht die Folge ist, die du dir anhören kannst, dann dass auch anzunehmen.
CN: Ableismus, Leben mit chronischer Erkrankung
Wenn dir die Folge gefällt freue ich mich natürlich über Rückmeldung an podcast@inklusiveAchtsamkeitd.de und über Bewertungen auf Spotify und Apple Podcast. Dann wird der Podcast auch wieder mehr Leuten angezeigt, für die dieses Thema interessant ist und du kannst die Folge natürlich auch direkt mit jemanden teilen.
Und wenn du so Rückmeldung hast an Sabrina und mich, kannst du und uns natürlich auch gerne schreiben. Darüber freuen wir uns auch total.
Du kannst dir die Folge direkt hier anhören:
Oder natürlich auf Spotify oder Apple Podcast und wo es sonst so Podcasts gibt.
Über diese Themen sprechen wir in dieser Folge:
- Über Sabrina Lorenz
- Über ihre Texte und ihren Instagram-Kanal
- Der Austausch in der Community
- Selbstliebe und Achtsamkeit
- Leistungsdruck und toxische Gedanken
- Annahme des eigenen Körpers
- Schreiben und Akzeptanz der eigenen Situation
- Teilen von Emotionen
- Sichtbar werden und Grenzen setzen
- Grenzen setzen und Grenzen verändern
- Sabrinas Selbstfürsorge Praxis
Ich habe diesmal ein Tool zur Transkription dieses Blogartikels genutzt und habe danach zur besseren Lesbarkeit diesen Blogartikel daraus erstellt.
Über Sabrina Lorenz
Sie ist Speakerin für Inklusion, Ableismus und Medizinkommunikation. Das heißt, sie arbeitet an der Schnittstelle zwischen Menschen mit Behinderung und oder chronischen Erkrankungen, Krankenhäusern oder medizinischen Einrichtungen und der Politik. Sie macht ganz viel zum Thema Rechte für Menschen mit Behinderung und oder chronischen Erkrankungen und viel zum Thema Medizinkommunikation. Und wenn sie nicht gerade das macht, ist sie auch Poetry Slammerin.
Wir haben uns letztes Jahr bei einer Veranstaltung von Zeitgeist der Inklusion getroffen und da habe ich Sabrina einfach mal gefragt, ob sie in meinem Podcast kommen möchte, weil ich ihre Themen so cool finde.
Selbstfürsorge und Leben mit chronischer Erkrankung
Und sie auch viel zu den Themen Selbstfürsorge und Leben mit einer chronischen Erkrankung und die Akzeptanz der Situation auch damit machst. Was ja so anknüpft an die Themen, die ich habe und danke auch für die schönen Worte. Es freut mich immer nochmal von anderen auch zu hören.
Sabrina hat sich sehr über die Einladung gefreut.
“Ich freue mich so, dass ich heute deine Gästin sein darf. Wir kennen uns ja gar nicht so lange und umso mehr freue ich mich, dass ich heute mit dir sprechen darf, weil ich finde, die Themen, die du mit in die Welt hinaus trägst, sind einfach so wichtig. Und ich glaube, dass da ganz viele von lernen können.”
Über ihre Texte und ihren Instagram Kanal
Sie schreibt auf ihrem Profil @fragments_of_living. Der Kanal ist gestartet als Tagebuch, weil sie das Gefühl hatte, dass sie eine chronisch erkrankte Person in einer Welt, die nicht für chronisch Erkrankte gemacht ist. Und sie hat gedacht, dass wenn sie darüber schreibt, hilft ihr dies. Für sie war das damals was sehr Internationales, deswegen hat sie auch angefangen auf Englisch zu schreiben. Sie hatte das Gefühl, dass sie sich dort mit Leuten verbinden kann, denen es ähnlich geht. Es war dann mehr so einem Selbsthilfegedanken.
Dass sie mit ihren Texten so viele Menschen berühren würde, hat sie selber nie gedacht. Und jetzt ist es teilweise immer noch so ein Tagebuch, aber es geht auch sehr in die aktivistische Richtung und tatsächlich auch sehr viel in die Kunstform von Poetry Slam. Damit findet sie ihren Weg. Sie sagt, dass es nicht nur das eine oder nur das andere, sondern am Ende geht es immer so ein bisschen um das Thema chronische Erkrankungen und Behinderung und Anti-Ableismus.
Oder stehe ich schon wieder auch mit dem in Verbindung, mit der Community, was ja auch ein wichtiges Thema immer, dass wir andere Leute finden, denen es ähnlich geht. Und sehen wir sind nicht alleine mit den Themen, die wir haben, die aufkommen.
Der Austausch in der Community
Es hilft andere Menschen zu finden, denen es ähnlich geht und zu sehen, dass wir nicht alleine sind mit unseren Themen.
“Das ist auch häufig, wenn nicht-behinderte und nicht-chronisch erkrankte Menschen ein Bild von Menschen mit Behinderung und oder chronischen Erkrankungen haben. Und natürlich ist es so, dass ich mit meiner ganz individuellen Behinderung und chronischen Erkrankung einen anderen Bedarf habe als zum Beispiel du. Wir beide hatten ja mal im Privaten darüber gesprochen, welche Form von Behinderung wir haben. Was auch absolut irrelevant ist für Außenstehende. Sondern wenn eine Person das Teilen möchte, dann darf sie das teilen. Aber sie muss ja niemals von außen dazu gebracht werden, das erzählen zu müssen, sozusagen.
Was ich sagen will, du und ich, wir sind beide zwei Frauen mit Behinderung und trotzdem haben wir ganz unterschiedliche Bedarfe, ganz unterschiedliche Sachen, wo wir sagen, das sind für uns Barrieren, das sind für uns Herausforderungen, da erleben wir Diskriminierung. Was Fakt ist, dass wir beide Barrieren haben und beide Diskriminierung erleben und beide eine Form von Schmerz empfinden, den nicht behinderte und nicht chronisch erkrankte Person eben nicht empfinden, weil sie niemals in diese Situation kommen, in die wir immer wieder geworfen werden.”
Diversität bei behinderten Menschen
“Es gibt eben nicht dieses eine Bild von Menschen mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen. Trotzdem zu sehen, dass es ganz häufig ähnliche Themen sind, die uns dann doch beschäftigen und wie viele wir damit sind, ist glaube ich, ein sehr empowernder Gedanke.”
“Ich glaube, es ist aber auch genauso wichtig, da zu differenzieren und zu sagen okay, ich möchte mich jetzt aber ganz konkret mit einer Person austauschen, die wirklich auch die gleichen Bedarfe hat, die zum Beispiel ich auch habe und dass man da noch mal differenzieren kann und finde ich genauso legitim, solange man selber die betroffene Person ist.”
Austausch über Instagram
Gerade über so Kanäle wie Instagram oder Podcasts lernt man ja auch wieder von verschiedenen Menschen und addiert ähnliche Bedarfe wie ich oder der geht es vielleicht ähnlich in solchen Situationen.
“Ja, total. Also ich bin auch sehr dankbar für diesen Austausch, weil. Man sagt ja so 10 % der Menschen haben eine Behinderung. Und das sind dann ja eigentlich super viele. Ich kenne aber jetzt nicht in meinem bzw. früher in meinem Umfeld. Als ich groß geworden bin, waren nicht 10 % der Menschen behindert. Und zu sehen, wie viele wir sind und dass wir da so einen Zusammenhalt haben. Und so eine Verbundenheit finde ich halt sehr, sehr ermutigend und irgendwie so was sehr Schönes.
Ich glaube, dass man Social Media auch immer so ein bisschen mit Vorsicht genießen sollte. Aber in dem Bereich finde ich es besonders wichtig, weil unsere Welt hat so viele Barrieren und auch das Internet ist nicht barrierefrei. Aber für mich zum Beispiel ist das Internet ziemlich barrierefrei. Es ist für mich ganz häufig der Weg, überhaupt Teilhabe zu erfahren. Und deswegen ist es auch Teil meiner Lebenswelt und Teil meiner Realität. Sich dann so darüber verbinden zu können, dass dann Freund*innenschaften entstehen, die sich heute teilweise so ein bisschen wie Familie anfühlen. Das ist etwas, was ich als großes, großes Geschenk wahrnehme.”
Selbstliebe und Achtsamkeit
Es ist nicht möglich, einfach so drei Schritte für mehr Selbst-Liebe zu teilen. Für Sabrina hat sich Selbst-Liebe ganz stark verändert über die Zeit. Früher hatte sie mal so ein Gefühl von “Ich gehöre nicht in diese Welt. Ich sehe mich nicht repräsentiert.”. Sie hat auch Ablehnung erfahren aufgrund der Tatsache, dass sie chronisch krank und behindert ist. Das hat ihr das Gefühl gegeben, dass sie nicht in diese Welt gehört.
“Da war ich von Selbst-Liebe ganz weit entfernt, weil ich den Fehler bei mir gesucht habe. Früher habe ich gedacht, ich bin schuld, dass es Barrieren gibt, dass ich persönlich auf Barrieren treffe. Ich bin schuld, dass ich nicht gut genug bin, dass ich nicht genug leiste. So in dieser Richtung. Dann habe ich irgendwann verstanden, dass ich eben nicht schuld bin und dass es Dinge gibt, die ich einfach nicht ändern kann. Ich habe einfach eine körperliche Behinderung. Ich habe einfach körperliche Grenzen, die nicht-behinderte und nicht-chronisch erkrankte Menschen einfach nicht haben.”
Nicht immer wieder dagegen anzuarbeiten
“Es bringt nichts dagegen immer und immer wieder dagegen zu arbeiten, um diese vermeintlich überwinden zu müssen, weil das eigentlich nur mir selber schadet. Einmal auf einer körperlichen, gesundheitlichen Ebene, aber auch natürlich mental.”
“Den Fehler, immer bei mir zu suchen und dass ich mich möglichst verändere, obwohl wir häufige Grundlagen eines Systemes sind, ist halt super schwierig. Also ein kleines Kind kann ja niemals das große politische System mal eben so ändern. Aber wenn dieses System einem immer wieder einredet, du bist falsch und du bist nicht gut genug. Natürlich macht das was mit diesem Kind.”
“Und dann habe ich irgendwann eine Phase gehabt, in der ich gesagt habe, ich kann es nicht ändern. Und wenn ich es weiter versuche zu ändern, dann schade ich mir. Ich kann dir leider nicht genau sagen, wie dieser entstanden ist und deswegen klingt es jetzt viel leichter als viel leichter gesagt als getan. Irgendwann war es okay. Ich kann es halt nicht ändern. Okay, und dann bin ich schon gut so wie ich bin.”
Leistungsdruck und toxische Gedanken
“Und das hat mir auch super diesen Druck genommen, was Bestimmtes leisten zu müssen, weil ich nicht 40 Stunden die Woche arbeiten kann. Ich muss mein Studium nicht in der und der Zeit schaffen. Ich muss die Schule in der und der Zeit fertig machen, mit den und den Noten. Abgesehen davon, dass niemand überhaupt studieren muss, wenn eine Person das auch gar nicht möchte. Aber ich habe es sehr internalisiert. Wenn du einen gewissen Bildungsgrad hast, dann kannst ich persönlich meine körperliche Behinderung kompensieren. Und dann bin ich ja gut genug für die Gesellschaft.”
“ Das ist ein wahnsinnig toxischer Gedanke, weil ich mich dann noch mehr über Leistung definiere und bis ich es dann irgendwie sehr lange gedauert, bis ich sage okay, ich kann es nicht ändern, ich bin so gut wie ich bin und habe dann aber sehr lange gedacht, das Selbst-Liebe ist nicht unendlich. Sich selber lieben zu müssen und der ganzen Welt zu sagen: Ich bin toll und alles an mir ist großartig und ich wünschte, es gäbe Bereiche, wo ich das heute sagen könnte.”
Es gibt Dinge im Leben, die nicht schönzureden sind
“Ich glaube aber auch, dass dieser Gedanke in seiner Extremen auch für mich nicht so hilfreich war, weil. Weil es einfach Dinge im Leben gibt, die nicht schönzureden sind. Selbst wenn die ganze Welt barrierefrei wäre. Würde ich trotzdem aufgrund von meiner Behinderung und chronischen Erkrankung häufig sehr schmerzhafte Erlebnisse machen, die mit meiner persönlichen, individuellen Konstitution zu tun haben. Ich müsste weiterhin verschiedene Therapien und Prozeduren über mich ergehen lassen müsste. Ich wäre weiterhin behindert und chronisch krank. Dann würde ich weiterhin in genau diesem Körper leben und dann würde ich trotzdem neidisch sein auf manche Mitmenschen, die manche Dinge einfach so machen können.
Das heißt nicht, dass ich meine Behinderung nicht anerkenne. Aber was ich sagen will, egal wie barrierefrei dann die Welt wäre und egal wie sehr man versuchen würde, inklusiv zu leben, würde ich trotzdem Erfahrungen machen, die weiterhin schmerzhaft sind. Wenn die Welt aber barrierefrei wäre, dann würden diese Erfahrungen besser getragen werden, weil ich das Gefühl hatte, nicht ganz so alleine zu sein und auf meine persönliche Konstitution nicht immer noch so einen Deckel von obendrauf zu bekommen. Das heißt heute bin ich 24 und denke, Selbs-Liebe ist etwas ganz Essenzielles oder auch Selbstakzeptanz.”
Annahme des eigenen Körpers
Anzuerkennen, dass ich diesen Körper habe, dass dieser Körper mich trägt. Dass nur dadurch, dass dieser Körper, wie er funktioniert, ich überhaupt das Leben leben darf. Und es wird mich nicht heilen, gegen ihn anzukämpfen. Heilung ist vielleicht auch gar nicht das Ziel, sondern glücklich sein ist das Ziel. Und das bin ich. Ich kann ein glückliches Leben führen, ohne jeden Millimeter meines Körpers endlos abzufeiern. Ich darf anerkennen, dass es immer noch Dinge gibt, die schmerzhaft sind und die schwierig sind. Und trotzdem darf ich gleichzeitig ziemlich cool finden, was mein Körper alles schafft. “
Selbstliebe als Prozess
Mechthild erzählt, dass für sie Selbst-Liebe auch ein Prozess ist. Und die Selbst-Akzeptanz kommt fast vor der Selbst-Liebe. Man kann auch erst mal anfangen, Teile von sich zu akzeptieren und eben auch zu akzeptieren, dass ja nicht immer alles gut ist und wir Schmerzen haben werden und mit den Schmerzen auch irgendwie leben müssen und die auch noch da sein werden, wenn wir in einer perfekten, inklusiven Welt leben. Aber vielleicht müssen wir dann nicht mehr immer dafür kämpfen, die Therapien machen zu dürfen, die wir brauchen, um damit besser umzugehen oder für die Hilfsmittel oder was auch immer wir brauchen.
Schreiben und Akzeptanz der eigenen Situation
Jede Person hat sein ganz individuell und eigene Tools. Wenn wir in uns hineinspüren und schauen, was unterstützt mich, was tut mir gut und was tut mir auch in welcher Lebensphase gut? Also wer sich im Prüfungsstress wird mir vielleicht etwas anderes guttun, als wenn ich in meinem Privatleben mit engen Bezugspersonen Stress hab. Bei Sabrina hat sich das Schreiben durch viele Zeiten hindurch bewährt.
“Für mich war Kunst immer eine Form von Expression, von Ausdruck, von Verarbeitung und Schreiben war immer ein Teil davon. Also ich habe auch viel gemalt. So in die Richtung. Aber schreiben, egal was, war irgendwie immer geblieben. Vielleicht aber auch in allererster Linie darum das Chaos im Kopf einmal. Struktur zu geben. Wenn ich einen Gedanken habe oder ein Problem oder mich etwas bewegt und ich mich 20-mal in meinem Kopf selber um mich herum drehe und immer die gleichen Gedanken fahre, dann werde ich ja nicht auf eine neue Lösung kommen.”
Gedankenkarussell anhalten
“Sondern manchmal ist es ganz hilfreich zu sagen okay, ich kann das hier gerade nicht lösen und trotzdem stört es mich gerade und trotzdem bedrückt es mich und trotzdem macht es gerade was mit mir. Also schreibe ich es einmal runter. Und entweder ist es dann okay, weil ich dann diesem Gedankenkarussell einmal angehalten habe. Oder ich habe es dann vor mir, in dem ich sehen kann okay, das oder das. Er gibt jetzt total Sinn, was in meinem Kopf noch nicht klar war. Es war immer mein Ausdruck, um mit schwierigen Situationen klarzukommen oder auch einfach grundsätzlich so Gedanken runter zu schreiben.
Und dass es heute ein Teil meines Berufes ist, darauf bin ich sehr stolz. Und da fühle ich mich auf jeden Fall sehr geehrt, dass das, was mir geholfen hat. Heute anderen Leuten hilft. Also ich habe immer das Gefühl, dass mich Worte getragen haben, wenn Hände es nicht konnten, so beschreibe ich das manchmal, wenn ich alleine bin, wenn ich mich in manchen Situationen einsam gefühlt habe, habe.”
Teilen von Emotionen
“Obwohl ich vielleicht gar nicht einsam war. Aber wenn es sich so angefühlt hat, dass ich darüber geschrieben habe und wenn ich diese Texte veröffentliche oder veröffentlicht habe, dann habe ich gesehen, wie viele Menschen damit resonieren konnten. Mir ging es genauso. Und dann bin ich nicht mehr alleine. Und dann sind auch die Leute, die das lesen, weniger alleine, weil auch sie merken okay. Ich bin nicht die einzige oder die einzige Person, die diese gleichen Gedanken fährt, und ich bekomme ziemlich häufig den Kommentar. Und jedes Mal berührt es mich wahnsinnig, wenn Leute schreiben: Das, was ich so lange schon dachte, hast du aber jetzt in Worte gefasst. Und das ehrt mich so sehr.
Ähnliche Gefühle fühlen
Was ich glaube, ist, dass wir alle ganz individuelle Leben leben. Selbst die gleiche Situation kann zwei Menschen ganz unterschiedlich wahrnehmen. Wir werden niemals die gleichen Erfahrungen machen wie eine andere Person und wir werden niemals das Leben einer anderen Person leben können. Aber in all diesen Erfahrungen werden wir die ähnlichen Gefühle fühlen.”
“Meine Traurigkeit, wenn ich bestimmte Situationen erleben, wenn ich eine neue Diagnose bekomme, wenn ich meine beste Freundin wegzieht oder was auch immer, kann die gleiche Traurigkeit sein, die du erlebst, wenn bei dir irgendwas anderes passiert.”
Es geht nicht um das Vergleichen
“Und dann geht es am Ende nicht um den Vergleich. Zu sagen, welche Situation hat sich schlimmer angefühlt? Sondern anzuerkennen okay, wir sind beide traurig gewesen und ich sehe deine Traurigkeit und du siehst meine Traurigkeit und die darf hier stehen bleiben und wir halten das gemeinsam aus. Und du bist daran nicht alleine, weil ich kenne dieses Gefühl von Traurig sein. “
“Ich glaube, dass man da manchmal auch differenzieren muss, dass es Situationen gibt, die so extrem sind, dass da genau dies schwierig ist zu sagen, ich kann nicht nachvollziehen, weil am Ende können wir niemals eine andere Person einfach komplett nachempfinden, weil jede Empfindung und jede Wahrnehmung sehr subjektiv ist. Aber zu sehen, ich habe auch schon einmal dieses Gefühl gehabt. Und du bist damit nicht alleine. Das glaube ich.”
Hoffnung schenken
“Etwas, was vielen Menschen ganz viel Verständnis gibt, ganz viel trägt und vielleicht auch Hoffnung schenkt. Und wenn ich das in meinen Texten auslösen darf, dann ist das für mich das Größte.”
Mechthild sagt dazu, das ist schön. Das klingt so gut, weil genau so finde ich es auch gut, wenn man seine Sachen teilt oder auch von jemand anders was liest und sich da so wiederfindet. Dann ist es genau dieses Ich. Es ist nicht nur meine, mein Gefühl und meine Sache, sondern ich gehe da in Resonanz mit jemand anders und fühle mich verbunden mit einer anderen Person und einer anderen Gruppe von Menschen. Und ja, nicht jeder Mensch muss all seine Emotionen und Gedanken auf Instagram teilen oder irgendwo teilen. Aber auch, sich einfach auszutauschen mit anderen Personen, im eins zu eins. Es kann ja auch schon hilfreich sein, sich mit Freunden oder Familie auszutauschen.”
Dazu sagt Sabrina:
“Also das finde ich auch ganz wichtig, gerade das Wort Resonanz ganz schön. Ich glaube, dass wir alle. Das ist die Resonanz für uns alle, etwas, wovon wir sehr viel zehren können. Und ich finde auch ganz wichtig, dass du gerade gesagt hast, na ja, vielleicht ist das auch nicht der Weg für eine Person. Absolut total. Also für manche ist es aber auch: Boah, ich will mal den Kopf aus kriegen und Fußball spielen, was auch immer. Solange es niemandem anderen schädigt oder der eigenen Person schädigt, finde ich. Alles cool. Mach dein Ding gut.”
Jede Person hat auch ein Recht auf Leid
“Man kann jetzt auch sagen, jede Person hat trotzdem das Recht auf Leid. Und wer bin ich, einer Person zu verbieten, das oder das zu tun, obwohl es vermeintlich dieser Person schadet? Ich glaube. Wir müssen notgedrungen mit Situationen klarkommen, weil das Leben leider nicht immer leicht ist und wir leider nicht immer die Ressourcen haben, mit jeder Situation umgehen zu können. Ich glaube, die Art und Weise, wie wir mit einer Situation umgehen, dafür müssten wir uns, solange, also das ist jetzt meine moralische Prämisse, solange es niemand anderem schadet, müssen wir uns dafür nicht entschuldigen, weil wir haben das gerade durchlebt und wir haben dann diese jeweilige Situation vielleicht überlebt.”
Wie ist dein Weg, um mit Dingen umzugehen?
“Und warum müsste ich mich denn jetzt entschuldigen oder erklären für die Art und Weise, wie ich überlebt habe, weil allein das Auszuhalten teilweise schon wahnsinnig anstrengend war? Und ich glaube schon, das anzuerkennen ist wichtig. Noch mal, aber zu gerade. Natürlich ist mein Weg, mit Dingen umzugehen, nicht der STANDARD und das möchte ich auch gar nicht sein. Ich glaube auch nicht, dass ich das, dass mein Weg der Weg für alle Menschen ist, weil wir einfach so unterschiedlich und so individuell sind. Manche sagen, ich möchte mit meinen Freundinnen herausgehen und mich ablenken und es tut mir genauso gut, dann ist auch das in Ordnung. Und ich glaube, dass die Welt eigentlich so wahnsinnig viele Ressourcen und Möglichkeiten bietet, mit verschiedenen Emotionen klarzukommen.”
Instagram als Medium
“Aber natürlich ist am Ende Instagram ein Medium, wo es um Sprache, um Bild, um Videografie geht. Und es gibt doch genug Texte, die ich für mich geschrieben habe, um sie für mich zu verarbeiten, wo ich sage, das möchte ich auch gar nicht, dass das andere Leute lesen. Wenn es mir nur um das Schreiben ginge, dann müsste ich ja gar keinen dieser Texte veröffentlichen. Primär geht es mir auch immer erst mal nur ums Schreiben. Aber ich habe über die Zeit gemerkt, dass Leute damit resonieren kann, dass die Leute sich darin wieder sehen können und dementsprechend.
Für sich selbst schreiben oder für andere
Es gibt schon Texte, die ich, wenn ich sie schreibe, mit dem Wissen schreibe, dass das Leute lese oder dass ich, wenn ich Texte für mich geschrieben habe, sie anonymisiere, damit sie von anderen Leuten gelesen werden können. Und dann geht es mir gar nicht darum, mir auf die Schulter zu klopfen, was für ein Text ich geschrieben habe, sondern tatsächlich vielmehr zu sagen: Okay, du bist damit nicht allein und deswegen schreibe ich halt immer für mich. Und dass Instagram dann irgendwann in mein Leben kam, war eine schöne Fügung. Aber ich schreibe nicht für Instagram, sondern primär für mich und dann sekundär für die Menschen, die das lesen und dass sie das tun, das freut mich.”
Mechthild fällt dazu wieder der Community Aspekt, den wir am Anfang auch schon hatten, ein.
Sichtbar werden und Grenzen setzen
“Was mir beim Hören des letzten Teiles immer wieder aufgekommen ist, ist dieses Thema mit dem sichtbar sein und Sichtbarwerden, weil das ist ja für viele auch etwas, was erstmal vielleicht Angst macht oder Unsicherheiten hervorbringt. Und natürlich, wenn man sich irgendwie mit Texten, vor allem in deinem Fall ja auch über sehr persönliche Texte und emotionale Texte auch irgendwie online zeigt, dann ist natürlich auch das Thema Beurteilung ja immer ein großes Thema. Ich weiß nicht, wie das für dich auch am Anfang war oder als es dann so losgegangen ist, du mehr gemerkt hast, dass immer mehr Leute deine Texte lesen. Und jetzt mittlerweile ist das so entwickelt, hat das sichtbar sein und das Umgehen mit Beurteilung und sich zeigen persönlich zu zeigen.
Grenzen setzen bei gewissen Themen
Dazu sagt Sabrina: “Ich glaube, dass ich für mich Grenzen gezogen habe bei gewissen Themen und dass es für mich ganz wichtig war zu sagen, es gibt Themen, über die schreibe ich und es gibt Themen, über die schreibe ich nicht bzw. veröffentliche ich das nicht zum Schutz von mir oder weil ich mich damit auch vielleicht nicht wohlfühle. Ich glaube, das hat mir geholfen. Überhaupt, dass Leute sagen, ich kann mich damit identifizieren und es tut mir gut, diese Texte zu lesen. Das ist total überwältigend gewesen. Ich freue mich immer noch jedes Mal darüber, wenn mir Leute Schreiben, dass meine Texte sie berührt haben oder geholfen haben. Und es gibt dann so ein paar Nachrichten, die mir einfach ganz, ganz stark im Kopf bleiben.
Anderen Menschen helfen
Da ist zum Beispiel vor ein paar Jahren einmal eine junge Frau gewesen, die mir dann geschrieben hat Okay. Wow, das hat mich so sehr berührt, dass ich ein Thema von mir selber. In Verbindung gebracht habe und du hast mich indirekt dazu motiviert, eine Therapie zu machen. So was finde ich dann total schön. Es zeigt aber auch, wie viel Verantwortung ich habe. Und deswegen, glaube ich, bin ich, wenn ich einen Text poste, noch mal ein bisschen achtsamer, als wenn ich ihn nur für mich schreibe, weil ich weiß ja, wie ich es meine. Aber dann, da draußen im Internet kann ich es ja manchmal nicht mehr einordnen oder zurücknehmen. Ich bin mir dessen, also der Verantwortung, ganz schön bewusst.
Dass es jemals so groß werden würde, habe ich nie mit gerechnet, weil ich immer das Gefühl hatte, dass ich ein un-cooles Hobby habe, so Gedichte. Das ist nicht schön. Aber warum denn nicht das tun, was ich mag? Wenn es mir doch guttut. Ich bin auch sehr dankbar, dass ich tatsächlich eine Community habe, in der überwiegend nur ganz, ganz, ganz tolle Menschen sind. Ich habe ich bekam, dass ich sehr selten negative Nachrichten bekomme.”
Konstruktive Kritik achtsam annehmen
“Ich bin für konstruktive Kritik immer offen. Ich finde es auch total wichtig, weil auch ich bin abelistisch sozialisiert. Auch ich bin nicht rassistisch sozialisiert. Ich bin potenziell in jeglicher Diskriminierungsformen sozialisiert, weil unsere Gesellschaft und weil unser System so ist. Und wenn ich darauf aufmerksam gemacht werde, dann finde ich das auch super wichtig, weil auch ich noch gerne dazu lerne. Und mich damit auch super gerne auseinandersetze, weil ich das einfach so wichtig finde. Ich bekomme sehr selten Kommentare, die Hass verbreiten oder die wirklich verletzend sind.
In den Diskurs gehen
Dann habe ich wieder die Möglichkeit zu sagen okay, ich gehe in den Diskurs und sage, dass ich das jetzt nicht cool fand. Oder ich blockiere die Menschen, weil am Ende lade ich diese Leute immer noch in mein Online-Wohnzimmer ein und darf selber entscheiden, was mir guttut und was nicht. Also ich glaube, dass da eine gewisse Reflexionsfähigkeit ziemlich wichtig ist. Nicht einfach nur jemanden zu blockieren, weil die Person irgendwas geschrieben hat, was mir nicht gepasst hat, sondern da muss ich schon gucken.”
“Und ich glaube, da muss jede Person gucken, wie viel Anteil habe ich gerade daran, wie viel Anteil hat die Person gerade daran? Vielleicht habe ich ja auch gerade irgendwas gesagt, was nicht cool war. Und sich dessen klarzumachen, weil am Ende ist es immer nur einen Dialog. Social Media ist sozial. Da geht es um Menschen und auch wenn da Menschen ganz anonym Sachen reinschreiben können und es auch tun, glaube ich, dass es wichtig ist, diese Personen trotzdem wertzuschätzen und zu wahren, solange eben ein gegenseitiger, wertschätzender, ein respektvoller Umgang da ist.
Reflektieren über eigene Anteile
Und ja, dann eben zu reflektieren: Okay, wie viel habe ich gerade Anteil und wie viel hast du? Und wenn ich merke, okay, diese Person will gerade einfach nur Hass verbreiten oder sich über irgendwas auskotzen, dann, ja dann kann ich entscheiden, ob ich gerade die Kapazität habe, mir das anzuhören oder nicht. Oder auch zu sagen okay, so lasse ich aber nicht mit mir reden und ich setze meine Grenzen. Und ich glaube auch, dass es okay.”
Mechthild sagt dazu: “Ja, das Grenzen setzen ist auch so ein wichtiges Thema, was man auch lernen muss, wahrscheinlich im Laufe der Zeit. Was will man und was will, was du gesagt hast? Was willst du teilen und was nicht? Und was dir auch von anderen Menschen über dich selber anhören. Oder wenn jemand vielleicht ungefragt Diagnosen oder dir dazu stellt oder dich dazu fragt über deine Behinderung und deinen Gesundheitszustand. Also ich weiß nicht, ob das passiert, aber. Das könnte ja gelegentlich aufkommen.”
In Resonanz gehen mit anderen
Sabrina antwortet darauf: “Immer mal wieder. Und ich verstehe es auch. Ich kann nicht sagen, dass ich das nicht auch früher mal gemacht habe, dass ich da Leute nach gefragt habe. Aber mehr aus einem Grund von Resonanz zu suchen und zu sagen okay, ich suche eine Person, die die gleiche Behinderung hat wie ich, damit ich mich austauschen kann. Und das finde ich absolut legitim, wenn das für beide Betroffene okay ist. Wenn beide wissen, worum es hier geht. Heutzutage bin ich da wesentlich vorsichtiger, weil, auch wenn es häufig um den Austausch von ganz persönlichen Sachen geht und eigentlich um Resonanz und Verständnis von Verbindung, habe ich das Gefühl, dass häufig indirekt ein Vergleichen dabei ist, der vielleicht auch manchen Menschen gar nicht bewusst ist. Und ich glaube, dass das auch so ein bisschen durch den Ableismus passiert.”
Diagnosen öffentlich teilen
“Die Diskriminierung von gegenüber Menschen mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen basiert ja auf einem Leistungsprinzip. Wenn du leistest, bist du wertvoll. Und wenn ich jetzt feststelle, als behinderte und chronisch erkrankte Person, dass ich nicht so leisten kann, wie die Normvorstellung ist, kann ich das ja ins Gegenteil umdrehen und sagen okay, dann bin ich wertvoll, je kränker ich bin oder je betroffener ich bin oder je behinderter ich bin. Nicht, dass das meine Meinung wäre, aber es ist ein Phänomen, was ich halt häufig mal beobachte. Da geht es dann häufig darum, wer hat die krasseste Geschichte, wer hat die vermeintlich schlimmsten Blutwerte oder die gefährlichsten Blutwerte. Oder wer hat mehr Einschränkungen? Und dann geht es um einen negativen Vergleichsprozess.
Verstanden und gesehen werden
Und ich glaube, dass es häufig auch dabei nur darum geht, verstanden zu werden und gesehen zu werden. Das ist aber ein Vergleichsprozess, den ich super schwierig finde. Und ich möchte mich nicht mit anderen Leuten vergleichen. Und ich möchte auch nicht der Gegenstand sein oder die Person entmenschlicht werden und der Gegenstand sein, mit dem sich andere Menschen wiederum vergleichen. Deswegen bin ich heutzutage sehr zurückhaltend, was Diagnosen angeht, was Gesundheitszustände angeht, was konkrete. Barrieren, Einschränkungen usw. angeht. Wenn es tatsächlich relevant für den Kontext ist, dann finde ich es auch wichtig, das zu beschreiben oder zu erwähnen. Aber die Frage ist, in welchem Kontext ist das und mit welchem Zweck?
Transparenz
Also wenn ich zum Beispiel für eine Kampagne gebucht werden würde, die zum Beispiel für Diabetes. Aufmerksamkeit macht. Und ich habe keinen Diabetes. Dann ist es wichtig dies zu erwähnen, ob ich es habe oder nicht. Weil es dann in dem Kontext relevant ist, habe ich aus der Sicht einer Betroffenen spreche oder nicht so, aber wenn ich allgemein über Inklusion spreche und allgemein einfach wie es mir geht, braucht es keine Diagnose. Oder ich habe neulich über das Ansetzen eines Medikamentes gesprochen. Dabei ist es ja absolut irrelevant, wie dieses Medikament heißt und was es genau macht usw. Weil ich nur über den Prozess gesprochen habe, wie Ärztinnen damit umgehen, wie es mir damit geht.”
“Und das Gefühl ist absolut valide, ganz unabhängig, was das Medikament am Ende macht oder nicht. Und mir geht es darum, diesen ableistischen Prozesse drumherum herum aufzuzeigen und aufzuzeigen, was es mit mir als behinderte und chronisch erkrankte Person in diesem System macht. Dass man so umgeht mit mir, wie man mit mir umgeht.”
Grenzen setzen und Grenzen verändern
“Ich glaube, es ist total wichtig, Grenzen zu setzen und das vorhin gesagt, Grenzen zu setzen. Das hat halt ganz viel mit Achtsamkeit zu tun. Da gehe ich total mit, weil am Ende kann ja nur ich selber sagen, das tut mir gut und das fühlt sich nicht gut an, weil. Ich bin ja die einzige Person, die in mich hinein spüren kann. Ja, total.”
Mechthild ergänzt dazu: “Und akzeptieren bei sich selber, dass sich die Grenzen verändern. Und dann auch das jetzt bei dir und deiner Rolle in der Öffentlichkeit, in deiner Community auch zu sagen okay, früher habe ich das geteilt, aber ich habe gemerkt, dass es den und den Gründen sich meine Grenzen da verändert haben und dann auch die Akzeptanz bei den anderen Personen vorauszusetzen und dass sie dann auch mitgehen, dass sich auch eigene Grenzen ändern können, was man teilt und was man ja auch mit anderen Menschen mitteilen möchte.”
Sabrina antwortet darauf: “Ja, total. Darf ich fragen, wie das für dich ist, wie du Grenzen kommunizierst? Weil ich habe manchmal das Gefühl, dass wenn eine Person eine Grenze kommuniziert, dass es immer bedeutet, ich lehne, ich lehne etwas ab, aber dann nimmt das Gegenüber das häufig sehr persönlich, obwohl ja eine Grenze manchmal auch nur bedeutet. Ich schütze mich gerade und ich bin mir gerade wichtig und ich finde, das ist ein wichtiger Gedanke. Und deswegen wollte ich mal fragen, wie du für dich. Grenzen, Communities oder was da deine Learnings sind. Wenn ich frage, darf”
Grenzen setzen ist ein Prozess
Mechthild: “Es bei mir mit dem Thema Grenzen auch ein Prozess ist und ich bin auch noch lange nicht gut darin und bin dann hier immer noch, dass ich merke, okay, ich bin so ein bisschen aus diesem People Pleasing, dass ich immer nett und freundlich zu allen sein möchte und immer auch für alle da sein möchte. Sowohl für meine Freunde als auch jetzt für meinen die Leute in der Community. Es ist halt nicht immer möglich, immer direkt zu antworten oder immer irgendwas immer da zu sein. Und ich brauche auch die Zeit für mich selber zur eigenen Regeneration und um wieder auch Kraft zu tanken. Und früher war ich sehr direkt, dass ich dann auch nicht gut ruhig bleiben konnte, wenn ich so meine Grenze wird jetzt überschritten.
Aber das geht auf jeden Fall mittlerweile schon besser, dass ich auch erst mal normal vielleicht einen Atemzug nehmen kann und dann oder halt auch länger. Okay, ich muss auch nicht direkt auf jede Nachricht, die ich auf Instagram sehe oder auch auf WhatsApp direkt zurückschreiben.”
Achtsame E-Mail Signatur
“Oder zum Beispiel habe ich in meiner E Mail Signatur auch extra geschrieben okay, ich schreibe nur in den Arbeitszeiten zurück. Und dass man dann auch das so kommuniziert, dass man halt auch da seine Grenzen hat. Auch an welchen Tagen man vielleicht zurückschreiben kann und dass man halt nicht direkt immer verfügbar sein muss. Ich finde, das ist ja auch so ein Thema, was zu dem Thema Grenzen dazugehört, so die eigene Verfügbarkeit.”
Sabrina: “Ja, stimmt, das stimmt. Und da sind wir auch ganz schnell wieder bei dem Thema Kapazität und auch einfach, dass Menschen mit Behinderung oder chronischen Erkrankungen nicht immer die gleichen Kapazitäten haben wie eben. Nicht behinderte und oder chronisch erkrankte Personen. Ja genau.”
Mechthild: “Und auch längere Zeit wieder für die Regeneration brauchen und um wieder fit zu sein oder auch längere krankheitsbedingte Ausfälle oder so.”
Sabrinas Selbstfürsorge Praxis
Mechthild fragt Sabrina, was es auch noch andere Sachen, neben dem Schreiben gibt, die sie macht, um selber wieder die Kraft und die Kapazitäten zu bekommen, um dann wieder für andere da zu sein oder auch für dich.
“Ich glaube, dass es ganz wichtig ist zu schauen, ob ich gerade die Kapazität habe für eine andere Person. Und das. Und das hat gar nicht mit Ablehnung zu tun hat, sondern auch mit einer Wertschätzung der anderen Person gegenüber. Wenn ich gerade gar nicht die Kapazität habe, mich auf eine andere Person einzulassen, egal was das zwischenmenschliche Verhältnis gerade ist, dann schaffe ich es ja auch gar nicht, dieser Person gerecht zu werden.
Und wenn ich sage, ich bin für dich da, dann darf das aber auch beinhalten, ich bin für dich da, wenn ich die Kapazität dazu habe. Weil es bringt ja auch nichts, wenn ich mir jetzt. Die Situation einer Person annehme, auch wenn ich sie sehr lieb habe. Wenn mich die Situation aber komplett überfordert und dass natürlich auch zwischenmenschliche Beziehungen einer anderen Dynamik unterliegen, wenn gerade nicht die Kapazität füreinander da. Ich glaube aber auch, dass da Verständnis ganz, ganz wichtig ist.”
Nicht jedes Hobby muss im Internet landen
“Zum einen ist es ein großes Privileg und ich bin sehr dankbar dafür, dass das, was mal mein Hobby war, Texte zu schreiben, heute mein Beruf ist. Aber trotzdem zu sagen, ich muss nicht aus jedem Gefühl Content machen und ich muss nicht alles, was mir Spaß macht, monetarisieren. Ich darf auch Hobbys haben, die nicht am Ende im Internet landen. Ich muss nicht mich zu etwas zwingen, wenn es mir damit nicht gut geht. Und das ist eine sehr privilegierte Position, aus der ich das heraus sage.
Natürlich gibt es auch Jobs oder Situationen, in denen ich mich nicht wohlfühle, aber keine andere Wahl habe, weil auch ich irgendwie eine Miete bezahlen muss. Aber wenn ich die Möglichkeit habe zu schauen, was gerade meinem Körper, meiner Seele guttut, dass ich das auch gerade machen kann. Das versuche ich zumindest. Mir hilft tatsächlich immer mal wieder das Internet ausmachen. Also mein Handy aus oder meinen Laptop aus.”
Mit anderen Menschen im Kontakt sein
“Ich bin super gern in der Natur, was ich auch leider viel zu selten mache und was ich auch sehr schön fände, es einfach mit meinen lieben Menschen, die ich so in meinem Privatleben habe. Einen Kaffee trinken zu gehen, mich mit anderen Menschen zu treffen, Zeit zu verbringen. Ich würde mich als sehr extrovertierte Person beschreiben, von daher zehre ich sehr viel von zwischenmenschlichem Kontakt. Aber eben auch immer zu schauen: Schaffe ich das gerade.
Eigene Kapazitäten respektieren
Und ich bin da auch sehr dankbar, dass ich ein Umfeld habe, das dann auch fragt, ob ich überhaupt die Kapazität habe, mich zu treffen. Zum Beispiel, wenn wir ein Treffen vereinbaren und das ist erst in ein paar Wochen, dass ich häufig entweder gefragt werde, ob ich am jeweiligen Tag dann noch wirklich die Kapazität habe, weil mein Bedarf sich sehr verändert. Also dadurch, dass ich eine Form von Behinderung oder chronischen Erkrankung habe, die sich quasi jeden Tag ändern kann, kann ich zwar jetzt irgendwas planen, aber es ist noch nicht sicher, ob ich da auch wirklich dran teilnehmen kann.”
“Und dass da meiner Umgebung so achtsam ist, mich da zu fragen bzw. wenn ich mich von mir aus melde und sage okay, ich habe heute nicht die Ressourcen, dass es dann sehr verständnisvoll aufgenommen wird. Und da muss ich sagen, bin ich auch sehr happy, dass ich so ein Umfeld habe, die, die da so verständnisvoll sind, weil ich glaube, dass das heutzutage bzw. in der ableistischen Gesellschaft, in der wir leben, leider nicht selbstverständlich ist, dass wir so auf unsere Ressourcen gegenseitig achten.”
“Als erwachsene Person ist es wichtig, die Verantwortung für sich selber zu übernehmen und eben nicht für eine andere Person zu entscheiden. Und nur weil ich gerade denke, dass für eine andere Person etwas gut wäre, heißt es nicht, dass es so ist. Und deswegen glaube ich, dass alle Menschen vielleicht ein bisschen achtsamer werden sollten. Kann ich mich rausnehmen, um vielleicht besser zu erspüren, was tut mir denn gut und was nicht? Und ich glaube, das ist Achtsamkeit im Kern für mich. Genau da hinzuschauen.
- Was tut mir gut?
- Wer tut mir gut?
- Und wann sollte ich was lieber lassen?
Internalisierter Leistungsdruck selbst bei Verabredungen
Mechthild teilt ihre Erfahrung
“Ja, es stimmt und das ist auch wieder so ein Thema von diesem internalisierten Leistungsdruck und den selbst in unsere Verabredung bringt, dass wir denken, jetzt habe ich mich mit der Person verabredet und dann fällt es mir schwer, dann zu sagen:
“Nee, heute passt es mir jetzt doch nicht.”
Wenn ich an dem Tag merke, dass es mir dann doch zu viel wird. Es ist auch ein Thema, wo ich immer noch dran arbeite.”
Energie aufladen für ambiverte Menschen
Sabrina fragt als nächstes Mechthild, wie sie ihre eigenen Ressourcen auflädt. Mechthild antwortet:
“Ich bin eher in der Mitte zwischen extrovertiert, introvertiert. Also ambivert nennt man das. Und ich kann sowohl gut Energie bekommen, wenn ich mit anderen bin und im Austausch bin. Aber ich weiß auch, dass ich genauso gut Phasen brauche, wo ich Zeit für mich habe und einfach auf meinem Sofa sitzen kann und bisschen Netflix gucken kann oder was Leckeres esse oder lese oder so. Also ich muss da diese Balance finden und das ist dann auch nicht immer einfach, weil es sich halt auch ändern kann, dass es mal mehr Zeit im Außen ist und mal mehr Zeit für mich.”
Sabrina fragt Mechthild, was anderen Personen dabei helfen, eben genau das herauszufinden?
Mechthild: “Ja, so ein bisschen in sich rein zu spüren. Wenn mensch irgendwas gemacht hat, tut mir das gut oder nicht? Gerade wenn man mit anderen Menschen ist, merkt man das vielleicht dann manchmal hinterher, tat mir das jetzt gut oder nicht? Aber natürlich, auch wenn man für sich ist, auch gucken, was tut mir gut. Und aber auch zu akzeptieren, dass man das vielleicht nicht immer direkt rausfindet und auch schaut, mache ich das jetzt, weil ich denke, ich müsste das jetzt so machen.
Ich finde, es ist auch immer schwieriger, weil man diese mehreren Ebenen im Kopf hat. Diese Stimmen, die eigene, was man jetzt will und dann vielleicht noch die Stimmen darüber, die irgendwie von außen sind, wo man das Gefühl hat, jemand anders sagt einem, das ist aber nicht gut oder das ist jetzt gut, dass du das machst. Und da dann nochmal für sich selber so rein zu spüren. Ich finde, da hilft die Achtsamkeit und das ja diese Ruhephasen zu haben, vielleicht in der Meditation für mich, um zu gucken, welche Stimmen sind da. Ist es jetzt wirklich meine eigene? Da dann wieder die Bewertung auch wahrnehme, die vielleicht da sind.
Kommen die von außen oder von mir selbst?
Immer wieder schauen, woher kommt das jetzt?
Dazu fügt Sabrina hinzu:
“Wir sind auch so vielen Reizen ausgesetzt und ich glaube, dass wir auch ganz häufig darauf angewiesen sind, was andere Leute sagen, weil wir einfach soziale Wesen sind und weil wir auch in einer Gesellschaft leben. Und wenn wir denen. Also ich finde, das ist so ein Zwiespalt, weil wenn ich nur das tun würde, was für mich gut ist, gar nicht nach links und rechts schaue, dann glaube ich, kann das sehr verletzend sein oder sehr egoistisch. Wenn ich aber immer nur das tue, was die Gesellschaft gerade will, in meinem oder unserem Fall jetzt eben Narrative sind, ist es natürlich auch nicht einfach, da zu sagen. Da bin ich dabei.”
Mechthild erzählt von ihren eigenen Erfahrungen. Dieser Lernprozess war bei ihr sehr schmerzhaft und hat bis zur Erschöpfung geführt. Und deswegen unterstützt sie jetzt auch mit ihren Angeboten andere Leute zu unterstützen. Damit es bei anderen nicht so weit kommen muss, sondern es schon vorher Möglichkeiten gibt, mal eine Pause zu machen. Bewusst zu stoppen und zu gucken, was mir guttut.
Negative Emotionen wahrnehmen
“Wir haben oft gar nicht gelernt, negative Emotionen auszuhalten oder zu empfinden. Das Leben bewegt sich oft so schnell und ist so turbulent, dass wir denken, gar nicht auf uns achten zu müssen oder gar nicht die Zeit haben, uns auf uns zu besinnen, auf uns zu achten. Dann müssten wir uns ja vielleicht manchmal mit negativen Gefühlen beschäftigen.
Also ich glaube nicht, dass Gefühle negativ sind, sondern wir geben ihnen eine Bewertung, eine. Aber es gibt auch Gefühle, die sich gut anfühlen und die sich nicht so gut anfühlen. Und wir wollen uns häufiger einfach nicht blöd fühlen. Eine meiner Erkenntnis ist, dass es mir nichts bringt, drumherum dann so ein wohliges Leben zu führen. Um das, was in mir laut sein ist, nicht mehr zu hören und dann innezuhalten, zu sagen: “Okay, natürlich ist es nicht schön, diesen Schmerz zu auszuhalten und da reinzugehen und diesen zu bearbeiten und aufzuarbeiten.”
Aber das ist doch manchmal ganz schön elementar und schon wichtig. Um nicht nur dieses Good Vibes Only zu leben. Denn es ist nicht immer alles nur gut. Und gerade in dieser Meditations-Bubble oder Achtsamkeits-Bubble sind ja oft so die Gefahr, dass man dann nur noch das Positive sehen will. Aber man kann auch nicht übersehen, was alles nicht gut ist und bei sich selber auch die Emotionen und.
“Wenn ich mir den ganzen Tag einreden würde, ich darf nur Gutes fühlen, dann würde ich mit mir selber sehr irritiert sein, wenn ich mich dann mal gerade nicht gut fühle, weil ich dann sofort den Gedanken hätte, das darf ich jetzt nicht fühlen. Und das, glaube ich, kann wiederum ziemlich verletzend mir gegenüber sein.”
Achtsamkeit sollte schon früh erlernt werden
“Ich glaube, dass Achtsamkeit etwas ist, was wir erlernen sollten und was häufiger gelehrt werden sollte und nicht nur in speziellen Kursen. Also nicht, dass ich das schlecht finde. Im Gegenteil, ich finde es richtig gut. Und ich finde es auch immer richtig mutig, wenn sich Menschen dafür entscheiden, sich so intensiv mit sich selber auseinanderzusetzen. Ich glaube, es ist halt schade, wenn das irgendwie Themen sind, die man nicht schon in der Schule erzählt bekommt. “
Wie viel Kraft braucht es, diesen Weg für sich zu finden? Das ist etwas, was mir helfen könnte oder was mir guttun könnte. Warum sind diese Ressourcen nicht von vornherein da? Und das ist jetzt sozusagen gar keine Kritik an die Arbeit von inklusive Achtsamkeit, sondern mehr an dem System. Weil ich glaube, das zu spüren:
- Was nehme ich gerade wahr?
- Und was tut mir gut?
- Was tut mir nicht gut?
Wahrnehmen von eigenen Bedürfnissen
Eigentlich etwas ist, was wir fördern sollten. Ich habe aber das Gefühl, dass wir häufig schon in der Schule sagen: Ah, du musst jetzt 45, 90 Minuten hier sitzen, egal, was dein Bedürfnis oder was dein Bedarf ist. Du musst das jetzt so machen, damit du jetzt hier funktionierst. Und dann? Dann wird aber von uns verlangt, am Ende gut zu uns zu sein, auf uns zu achten, weil wenn wir nicht auf uns achten, können wir am Ende auch wieder nicht leisten. Und dann sind wir wieder da. Dass Achtsamkeit vielleicht missbraucht wird, um am Ende wieder zu leisten. Und ich finde, dass es widersprüchlich ist.”
Darauf antwortet Mechthild: “Ja, das stimmt. Auf jeden Fall ist dies etwas, wo man immer wieder nach gucken muss. Und ja, das mit dem, dass es überall da sein sollte und zugänglich, das ist ja genau das, was ich erreichen möchte. Und dass ich dann wieder auch diese Balance zwischen okay, ich möchte es gerne für alle zugänglich machen, aber ich muss ja gucken, wie ich meinen eigenen Lebensunterhalt damit verdienen kann. Das hat ja jeder, der irgendwie was macht, was eigentlich sehr hilfreich ist. Wie man dann auch ja beides quasi andere Leute unterstützen kann und trotzdem auch für sich selber gut sorgen kann und da sein kann. Aber ich bin da auf jeden Fall bei dir, dass wir Wege finden müssen, die für mehr Menschen zugänglich machen.”
Achtsamkeit als Schulfach
“Wenn es jetzt so ein Schulfach gäbe und oder so von Schule zu Schule reist, dann würdest du ja auch Geld damit verdienen. Ich will jetzt nicht sagen, dass es kostenlos sein sollte. Menschen sollen für ihre Arbeit bezahlt werden und das ist wichtig. Und gerade solche Arbeit darf, finde ich, so viel mehr bezahlt werden. Sowieso vieles, was im sozialen Sektor ist. Und es ist oft so, wenn ich angefragt werde für ein Projekt, dass gesagt wird, wir sind ja auch gemeinschaftlich und wir sind ja auch solidarisch. Und hier kannst du es ja für eine gute Sache machen.
Ja, aber es ist trotzdem muss ich ja meine Miete zahlen und auch wenn wir gerade darüber sprechen, dass dies Form von Leistung ist und das ist Arbeit. Wenn ich jetzt nur Projekte annehmen würde, die ich total toll fände, aber die, wo ich gar nichts verdiene, dann muss ich an einer anderen Stelle ganz anders arbeiten. Es ist wichtig, immer die Balance zu finden. Was soll das alles bringen? Das ist so ein komplexes Thema.
Hier findest du mehr zu Sabrinas Arbeit
Sie bringt gerade ihr erstes Buch raus. Da geht es tatsächlich auch so viel um Gefühle, Fühlen und Wahrnehmen und Ableismus. Das kommt im Eigenverlag hoffentlich jetzt im Frühjahr raus.
Ansonsten könnt ihr sie immer mal wieder auf irgendwelchen Veranstaltungen zum Thema Inklusion finden.
Schreibt uns gerne, wie euch diese Folge gefallen hat.
Möchtest du mehr über Achtsamkeit und Inklusion erfahren und immer direkt als Erstes über eine neue Podcast-Folge informiert werden möchtest, melde dich hier für den Achtsamkeitsbrief an.