Kennst du das, du wolltest nur mal kurz eine Nachricht am Handy beantworten und wenn du das nächste Mal auf deine Uhr schaust, ist vielleicht schon wieder eine halbe Stunde vergangen? In diesem Artikel erfährst du, wie du mehr Achtsamkeit am Smartphone umsetzen kannst.
Einleitung
Das Smartphone ist für mich toll und nervig zugleich. Ich freue mich, mit meinen Freunden auf der ganzen Welt über WhatsApp und Instagram in Kontakt bleiben zu können. Ich liebe es, Musik und Podcasts über Spotify überall dabei zu haben. Es ist praktisch, eben auf Google Maps zu schauen, wo ich hin muss, wenn ich es (trotz meiner guten Orientierung 😉 ) mal eben nicht weiß. Aber andererseits merke ich auch teilweise, dass ich viel zu oft schaue, ob irgendwo etwas Neues passiert und das stört mich. Deshalb möchte ich mir gerne in diesem Artikel etwas genauer anschauen, was es mit uns macht, wenn wir zu viel am Handy sind und wie wir Achtsamkeit nutzen können, um genau das zu verhindern.
Wie fühlen wir uns, wenn wir zu lange am Handy sind?
Vielleicht kannst du es auch aus deiner eigenen Erfahrung nachfühlen, dass du weniger zufrieden mit dir selber bist, wenn du längere Zeit an deinem Smartphone verbringst.
Amerikanische Forscher haben in einer Datenauswertung unter amerikanischen Jugendlichen nachweisen können, dass die jungen Menschen, die mehr Zeit am Bildschirm verbringen angeben, weniger Lebenszufriedenheit, weniger Selbstwertgefühl zu haben und sich weniger glücklich fühlen, als Jugendliche die auch mehr andere Aktivitäten abseits des Bildschirms ausführen.(1) Bei solchen Studien muss immer dazu gesagt werden, dass es sich natürlich um Selbsteinschätzungen handelt und die Jugendlichen nicht wie in einem Experiment zufällig in eine der zwei Gruppen eingeteilt werden können, was auch unethisch wäre.
Damit auch du nicht durch übermäßige Handynutzung unzufrieden mit dir und deinem Leben wirst, kannst du versuchen immer wieder eine achtsame Auszeit von deinem Smartphone zu nehmen und darüber nachzudenken, was noch alles schön in deinem Leben ist. Dies kann dir dabei helfen zufriedener mit dir und deinem Leben zu sein.
Die Smartphone-Haltung
Auch die Haltung, die wir einnehmen, wenn wir unser Smartphone nutzen hat einen Einfluss darauf, warum wir uns vielleicht nicht immer gut fühlen, wenn wir wieder zu lange am Handy waren. Oft nehmen wir eine nach vornüber gebeugte Haltung ein, die wir auch einnehmen, wenn wir traurig oder schlecht gelaunt sind. Dadurch kann durch unsere Haltung auch unsere Stimmung beeinflusst werden. In der psychologischen Forschung spricht man hier von Embodied Cognition, also verkörperter Wahrnehmung. Vielleicht hast du bereits den bekannten TED-Talk der Forscherin Amy Cuddy zu dem Thema gesehen.
In einer Studie, die Sie gemeinsam mit dem niederländischen Psychologen Maarten Bos durchgeführt hat, wurde folgende Fragestellung getestet. Welchen Effekt hat die Größe des Gerätes, an dem wir eine Aufgabe erledigen auf unsere Durchsetzungsfähigkeit und Bestimmtheit?
Wie von den Forschern erwartet war es so, dass Menschen, die eine Aufgabe an einem großen Desktop-Computer erledigten und folglich auch aufrechter und offener sitzen konnten, auch bestimmter waren und am Ende des Experiments schneller zum Leiter des Experiments zurückgegangen sind. Menschen, die an einem Smartphone gearbeitet hatten, warteten nach Ende des Experiments länger ab, ob noch etwas Weiteres passieren würde.
Dies zeigt also, dass es wichtig ist nach einer längeren Zeit am Smartphone wieder eine aufrechte und sogar weiter geöffnete Körperhaltung einzunehmen, um eine Gegenhaltung zu der gebückt wirkenden Handyhaltung einzunehmen. Dies ist dann bereits wieder ein Moment, an dem wir achtsam im Umgang mit unserem Smartphone sind.
Wir werden weniger intelligent, wenn das Handy neben uns liegt
In einer Studie von Ward et al. (2017) wurde untersucht, was es mit unserer mentalen Verfügbarkeit macht, wenn ein Handy bei uns am Arbeitsplatz liegt. Sie stellten fest, dass schon alleine, wenn das Smartphone auf dem Tisch liegt, die verfügbare Kapazität des Arbeitsgedächtnisses und die fluide Intelligenz, die für Problemlösen und Lernen zuständig ist, abnimmt. (2) Hier ist also ein achtsamer Tipp, dass du dein Handy einfach Mal ausschaltest und weglegst, wenn du in einer Arbeitsphase bist.
Das heißt, schon alleine der Gedanke, dass wir eine neue Benachrichtigung haben könnten, fordert mentale Kapazität von uns, die uns dann für andere Aufgaben fehlt.
Dopamin und das Smartphone
Bestimmt hast du schonmal davon gehört, dass Dopamin ausgeschüttet wird, wenn wir eine neue Benachrichtigung auf der Startseite sehen. Dopamin ist ein Botenstoff, der in unseren Körper über das zentrale Nervensystem und die Blutbahnen weitergeleitet wird. Er ist Teil des Belohnungssystems und wird ausgeschüttet, wenn uns etwas Freude macht und wir Spaß an einer Sache haben und zum Beispiel an einem Projekt arbeiten können, das uns gut liegt. In Apps wird dieser Mechanismus bewusst genutzt. Es wird uns die ganze Zeit etwas Neues angeboten, damit mehr Dopamin ausgeschüttet wird. Es braucht aber auch Phasen der Regeneration und Entspannung, damit wir nicht in einem ständigen Hoch sind. Denn auch das ist nicht gesund und kann zu einer Reizüberflutung führen. Deshalb ist das achtsame Abschalten des Smartphones so wichtig. Wenn du mehr erfahren möchtest, wie App-Entwickler ganz bewusst diese Mechanismen für die Entwicklung ihrer Anwendungen nutzen, kann ich dir die Netflix Dokumentation „the Social Dilemma“ empfehlen oder du schaust auf der Webseite von Humantech vorbei. Dies ist eine Organisation, die sich für eine achtsamere und menschlichere Technologie einsetzt.
Stress und das Handy
Apps sind auch gezielt so entwickelt, dass immer etwas Neues passiert. Dadurch haben wir das Gefühl, etwas zu verpassen und es wird das Stresshormon Kortisol ausgeschüttet. Wir sind dann in einem konstanten angespannten Zustand, weil wir immer darauf warten, dass wir einen neuen Reiz von unserem Handy bekommen. Oder etwas Wichtiges verpassen können. Durch eine erhöhte Ausschüttung von Cortisol wird auch unsere Selbstkontrolle verringert, wodurch wir wieder öfter auf unser Handy schauen, weil wir uns ja selbst belohnen wollen oder einfach mal eben schauen wollen, was so Neues in unser Lieblingsapp passiert ist.
Die negativen Effekte von zu viel Stress durch unser Handy
Es wird sogar mittlerweile davon ausgegangen, dass diese körperlichen Reaktionen, die durch starke Handynutzung ausgelöst werden können, unsere Lebenserwartung senken kann. Deshalb ist es so wichtig, dass wir regelmäßig achtsame Pausen von unserem Smartphone machen und dann am besten nicht nur 5 Minuten, sondern mal für mehrere Stunden am Stück, einen Tag oder auch eine ganze Woche. Damit unser Körper die Möglichkeit hat, die Stoffe auch wieder abzubauen und wir nicht konstant in einem angespannten und hoch aufgeladenen Zustand verweilen. Denn dies macht auf Dauer krank.
Ich weiß, dies ist sehr schwierig und wahrscheinlich auch nicht für jeden möglich. Mir fällt es auf jeden Fall unglaublich schwer, sogar mal an einem Tag auf mein Smartphone zu verzichten. Da ich über mein Handy mit meinen Freunden und Familie in Kontakt bleibe, es als Wecker nutze und es ja auch teilweise beruflich brauche.
Einige Tipps für mehr Achtsamkeit am Smartphone
Push-Benachrichtigungen ausstellen
Es hilft schon, nicht immer zu sehen, dass eine neue Benachrichtigung aufploppt. Nimm dir lieber ganz bewusst Zeit in die Apps reinzuschauen, die für dich wichtig sind.
Schlafenszeit Modus festlegen
Überlege dir eine Zeit, ab wann du dein Handy weglegen möchtest. Dann kannst du dies in deinem Smartphone eingeben und der Bildschirm wird grau. Es hilft dir auch dabei, abends das blaue Handylicht zu vermeiden. Dadurch kannst du dann auch leichter abschalten am Abend und besser einschlafen
Wecker stellen, ab wann du Abends das Handy weglegen möchtest
Neben dem Schlafenszeitmodus kannst du dir auch selber einen Wecker stellen. Dann ist dies ein Zeichen, dass du aufhörst dein Smartphone zu nutzen. Es hilft, dann auch das WLAN und die mobilen Daten an deinem Handy abzuschalten. Dann ist die Verführung weniger groß, nochmal eben in eine App zu schauen.
Festlegen wie lange du bestimmte Apps maximal am Tag benutzen willst
Da einige Apps ja extra so entwickelt werden, dass wir extra lange darin verweilen, kannst du dir selbst Zeiten festlegen, wie lange du eine App nutzen möchtest. Dies kannst du auch direkt in deinem Handy festlegen. Wenn du die Zeit für den Tag überschritten hast, kannst du die App nicht mehr so einfach öffnen. Probier dies einfach Mal aus, wie das für dich klappt und nimm vielleicht auch wahr, wie du dich dabei fühlst.
Feste Zeiten bestimmen, wann du an deinem Handy sein möchtest
Auch dies ist sicher nicht immer so einfach möglich. Vor allem, wenn du dein Smartphone auch für deine Arbeit oder Telefonate brauchst. Versuche in Phasen, in denen du konzentriert arbeiten möchtest, dein Handy auszumachen.
Apps auch mal vom Smartphone löschen und Apps auf dem Smartphone aufräumen
Mache einmal einen Check. Welche Apps nutzt du regelmäßig, welche Apps vielleicht schon länger nicht mehr? Welche Apps nutzt du zwar, aber würdest es auch nicht vermissen, wenn sie nicht mehr da ist? Brauchst du wirklich alle Apps auf deinem Handy, die gerade da sind? Je mehr Apps du auf deinem Handy hast, umso mehr kognitive Kapazität ziehen die Apps. Da ja jede App irgendwie deine Aufmerksamkeit erreichen möchte. Also mach regelmäßig einen achtsamen Check, was du wirklich auf deinem Smartphone brauchst.
Du musst nicht immer direkt reagieren
Wenn eine neue Nachricht aufploppt, musst du dir diese nicht direkt anschauen. Diese ist auch noch in 30 Minuten oder ein paar Stunden da. Es ist in Ordnung, nicht immer direkt zu reagieren.
Alternativen für die Smartphonenutzung
Oft nutzen wir unser Smartphone und alle Apps dazu, um uns von der Stille abzulenken. Also ist es wichtig, dass du dir überlegst, was du in deiner Handy-freien Zeit machen möchtest. Willst du ein Buch lesen, etwas Kreatives machen oder Yoga und Meditieren? Wenn du dies bewusst festlegst, fällt es dir leichter auch wirklich diese achtsamen Smartphonepausen einzulegen. Natürlich kannst du dein Handy dann für deine Meditation nutzen, z.B. mit einer Meditationsapp oder einem Meditationstimer. Aber dann hat das Handy eine ganz bestimmte Aufgabe und du scrollst nicht unendlich von App zu App.
Andere Geräte nutzen
Wenn dies für dich möglich ist, nutze einmal wieder ein anderes Gerät fürs Foto machen, Musik hören oder als Wecker. Oft ist unser Smartphone ja unser One-Stop für alles. Aber es ist natürlich hilfreich, auch wieder andere Geräte zu nutzen. Und wenn du an einem neuen Ort bist, kannst du ja einfach mal jemand anders fragen, wie du von A nach B kommst, anstatt Maps. Vielleicht bekommst du dann sogar noch eine Empfehlung für ein nettes Café.
Fazit
Dies sind einige Tipps und Anregungen. Sicher wird es dir nicht von Anfang an gelingen, diese umzusetzen. Aber es ist wichtig, uns immer wieder bewusst zu werden, dass wir eine achtsame Pause von unserem Smartphone brauchen. Damit wir auch noch all die anderen schönen Dinge im Leben genießen können, die außerhalb unseres Smartphones sind. Ein anderer Grund, warum du nicht direkt von heute auf morgen komplett auf dein Handy verzichten solltest (wenn das überhaupt möglich sein sollte), ist, dass sonst auch eine Art JoJo Effekt entstehen kann und du nach einer Zeit wieder mehr dein Handy nutzt, als du es davor getan hast.
Also fang langsam an, deinen Smartphonekonsum wahrzunehmen. Du kannst regelmäßig schauen, in welchen Momenten du achtsamer im Gebrauch deines Handys werden kannst. Dies kann ein längerer Prozess sein, der im Ergebnis jedoch die Mühe wert ist.
Schreib mir gerne in die Kommentare, welche Erfahrungen du mit der achtsamen Smartphonenutzung gemacht hast.
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Quellen
(1) Twenge, J. M., Martin, G. N., & Campbell, W. K. (2018). Decreases in psychological well-being among American adolescents after 2012 and links to screen time during the rise of smartphone technology
(2) Ward, A. F., Duke, K., Gneezy, A., & Bos, M. W. (2017). Brain drain: the mere presence of one’s own smartphone reduces available cognitive capacity. Journal of the Association for Consumer Research, 2(2), 140-154.